«Magec / The Desert» des marokkanischen Choreografen Radouan Mrizigai.
Louka van Roy
Das Festival Culturescapes will den Austausch zwischen Kulturen fördern und bringt in diesem Jahr Kunst aus der Sahara in die Schweiz. In Baden und Aarau geht es um die Regeln der Wüste und einen Gründervater der ägyptischen modernen Musik.
Wenn Menschen aus der Wüste zurückkehren, berichten sie oft von einer tiefgreifenden Erfahrung. Was ist es, was diese ungezähmte, überwältigende Weite uns lehrt? Ist es die Einsicht, dass es nur ein Leben mit der Natur gibt? In diesem Raum, der nichts verbirgt, keine falsche Sicherheit bietet. Um die Wüste als Geografie der Weisheit, die Demut und Einverständnis fordert, geht es im Tanzstück «Magec / The Desert» des marokkanischen Choreografen Radouan Mriziga.
Es ist der zweite Teil seiner Trilogie, die sich den Bergen, der Wüste und dem Meer als Räume jenseits der menschlichen Kontrolle widmet. Unter einer gleissenden Sonne, die bald zum kalten Mond wird, treffen auf einer leeren, unverstellten Bühne, die schlicht Raum ist, Wüstentiere und Menschen aufeinander. Die Bewegungen der Tänzer*innen erzählen vom Miteinander der verschiedenen Wüstenbewohner*innen, von der Harmonie, vom Handwerk und der Musik, die hier in der kargen Landschaft der Wüste entstehen.
Diese Erforschung der Wüste, die Radouan Mriziga von Brüssel, wo er heute lebt, ins Kurtheater Baden bringt, ist Teil des Festivals Culturescapes, das sich in der diesjährigen Ausgabe der Kulturlandschaft der Sahara widmet. Das spartenübergreifende Festival mit Sitz in Basel will den grenzüberschreitenden Dialog zwischen Kulturen fördern und bringt seit 2003 Tanz, Musik, Literatur, Film und weitere Kunstsparten jeweils aus einem Land oder einer Region an verschiedene Spielorte in der Schweiz.
Sänger, Schauspieler und Geschichtenerzähler Ossama Helmy OzOz.
zvg
Die diesjährige Ausgabe bietet ein Novum: Bereits zum zweiten Mal widmet sich das Festival der Sahara – und damit einem Raum, der oft auf Armut und Krieg reduziert wird – oder mit unserer eurozentristischen Perspektive schlicht übersehen wird. Nach einem Fokus auf die Subsahara richtet das Festival den Blick in diesem Jahr stärker auf Nordafrika als Region, die mit der Schweiz enge politische Beziehungen pflegt.
Aus Ägypten stammt der zweite Künstler, der im Rahmen von Culturescapes im Aargau auftritt: Ossama Helmy OzOz, ein multidisziplinärer Künstler, der Sänger, Schauspieler, Geschichtenerzähler ist, Origami als Kunsttherapie betreibt und vor allem auch ein grosser Sammler ist. «I Fell in Love» heisst die interaktive dokumentarische Theaterperformance, die er in Aarau zeigt. Und nein, es geht hier nicht um die romantische Liebe, sondern um die Liebe zur Musik.
Im Zentrum von «I Fell in Love» steht das Leben des ägyptischen Musikers Sayyid Darwish (1892 – 1923), der heute als Vater der modernen ägyptischen Musik gilt. Ossama Helmy OzOz, der mit seinem AudioOz Archives über eine riesige Musikkollektion mit seltenen Audioaufnahmen verfügt, nimmt das Publikum in der Tuchlaube auf eine Reise mit zu seltenen Vinylplatten, Fotos und Büchern, die alle eine Geschichte in sich tragen, die nun dank Culturescapes auch hier zum Klingen kommen.
AARAU Tuchlaube, Di, 28. Oktober, 20 Uhr (I Fell in Love)
BADEN Kurtheater, Fr, 31. Oktober, 19.30 Uhr (Magec / The Desert)
Culturescapes vom 9. Oktober – 29. November an diversen Spielstätten. Infos: culturescapes.ch