Die Eva-Seck-Kolumne
Nach der ersten Verzweiflung, abgewechselt von Trauer, Angst und Resignation, habe ich im Netz ein kleines Video der Psychologin und Beteiligungspädagogin Marina Weisband gefunden. Sie berichtet davon, wie sie ihrem Kind erklärt, dass ein «Verbrecher voller Hass» ins mächtigste Amt der Welt gewählt wurde. Auch ich habe mir diese Frage gestellt: Wie erklär ich dem Kind, dass ein frauenfeindlicher, hassgetriebener Klimawandelleugner nun erneut die Geschicke einer Grossmacht lenkt? Als Trump das erste Mal sein Amt antrat, war unsere Tochter ein halbes Jahr alt. Heute ist sie neun und muss Dinge begreifen, die es schwerlich sind. Marina Weisband versucht es ihrem Kind so zu erklären: Die Welt ist nicht aus sich heraus gerecht und viele Menschen tun Dinge, von denen sie sich kurzfristig einen Nutzen erhoffen. Wenn wir aber langfristige Gerechtigkeit wollten, müssten wir darum kämpfen. Das Gute daran ist: Jede*r von uns könne dies tun. Wir können uns aussuchen, wie wir uns in schlimmen Zeiten verhalten und wie wir zusammenhalten. Mich als Erwachsene haben ihre Worte ebenfalls getröstet.
Wir hatten kurz vor der US-Wahl ein Hausfest, wo wir den Beschluss fassten, unsere Siedlung zweimal im Jahr gemeinsam zu putzen und allen, die sich um kleinere Arbeiten kümmern, die gebührende Anerkennung und Wertschätzung zukommen zu lassen. Es war ein gemeinschaftsstiftender Moment. Ich bin froh, dass unsere Tochter auch den Zusammenhalt und das Engagement unserer Nachbarschaft mitbekommt. Sie wird hoffentlich diese kleine Erfahrung der Kooperation und Verbundenheit auf ihrem Weg mit sich mittragen.
Eva Seck (*1985 in Rheinfelden) schreibt Lyrik, Prosa und essayistische Texte. Ihr letzter Gedichtband «versickerungen» erschien 2022 im Verlag «die brotsuppe» in Biel. Sie lebt mit ihrer Familie in Basel.