Bühne

Theater am Schnürchen

Von
Tania Lienhard

Zwischen Performance und Figurentheater für die Kleinsten: Silvia Roos und Stefan Humbel.

Silvia Roos und Stefan Roos Humbel feiern mit ihrem Figurentheater «Theater Roos & Humbel. Puppendingskunst» Bühnenjubiläum und blicken auf 30 intensive Jahre zurück.

So richtig gepackt habe es sie damals. Sie seien gleich extrem fasziniert und verzaubert gewesen vom Figurentheater, erzählen Silvia Roos und Stefan Roos Humbel. Eine Faszination, die bis heute anhält. Nicht sie haben das Figurentheater, sondern das Figurentheater hat sie gefunden: «Wir waren immer schon vielseitig interessiert und taten uns schwer damit, uns beruflich festzulegen», so Silvia Roos. Und ihr Mann ergänzt: «Bis uns jemand vom Figurentheater erzählte.» Den beiden ging sofort ein Licht auf: Diese Theaterform würde ihnen erlauben, ihre Interessen für Musik und Handwerk mit Schauspiel und Performance zu verbinden. Es folgte eine intensive, lange und schöne Zeit: Die zwei besuchten viele Vorführungen im In- und Ausland und liessen sich inspirieren. Vor allem in Deutschland gab es um die Jahrhundertwende so etwas wie eine Blütezeit des Figurentheaters. «Die Säle waren voll! Es wurden Kinder- wie auch Erwachsenenstücke inszeniert», erinnert sich Silvia Roos. Stefan und sie waren voller Tatendrang. Und weil es damals schweizweit kein einziges Ausbildungsangebot für Puppenspieler*innen gab, initiierten sie mit Hansueli Trüb (Theaterpack) kurzerhand ein solches an der Zürcher Hochschule der Künste und leisteten damit Pionierarbeit. Peter Danzeisen, damaliger Direktor der Theaterabteilung an der ZHDK, war sofort begeistert. Und die Schweizer Vereinigung der Puppenspieler*innen (später UNIMA Suisse) kam auch mit an Bord. Als Silvia Roos ihre Ausbildung zur Figurenspielerin abgeschlossen hatte, flossen dann auch die Unterstützungsbeiträge von offiziellen Stellen. «Wir starteten durch», sagt Stefan Roos Humbel. Es sei aber nicht einfach gewesen, eine fünfköpfige Familie allein durchs Figurentheater zu ernähren. Beide arbeiteten deswegen zusätzlich in einem Nebenjob mit kleinen Pensen: Silvia als Musik-Grundschullehrerin, Stefan unterrichtet bis heute Saxophon und Klarinette. Ihr gemeinsamer Fokus lag aber immer auf dem Figurentheater. Zeitweise über 100 Aufführungen pro Jahr und fast jedes Jahr ein neues Stück – das sei sehr intensiv.

«Was uns so fasziniert an unserer Tätigkeit ist, dass keine Vorstellung der anderen gleicht», sagt Silvia Roos. Die beiden merkten bald, dass ihr Lieblingspublikum die ganz Kleinen sind. «Sie sind noch so unverkopft, lassen sich auf Abenteuer ein und reagieren herrlich und unerwartet», sind sich die zwei einig.

Für Kinder ab zwei soll auch ihr neuestes Stück «Am Schnürchen» sein, das im Oktober Premiere feiert und nach einer besonderen Dramaturgie verlangt: Da die Aufmerksamkeitsspanne so kleiner Kinder noch sehr kurz ist, gibt es weniger ganze Geschichten auf der Bühne als vielmehr Bilder, die entstehen und vergehen – und viel Musik.

Es sei wichtig, dass nur mit einfacher, durchschaubarer Technik gearbeitet werde, so die beiden Künstler*innen. Viele Kinder seien bereits geprägt von Social-Media-Bildern und -Videos, in denen sie perfekte Welten sehen würden, die so überhaupt nicht mit ihren eigenen Erfahrungen und Fähigkeiten übereinstimmten. «Unser Stück hat immer wieder Abschnitte, die mehr Performance sind als Theater. Die Kinder sind fasziniert davon und es animiert sie zum Nachdenken. Immer wieder fragen sie nach Auftritten, ob das denn auch alles echt sei», sagt Silvia Roos. Eine andere Frage nach Realität sei auch im Thema «Am Schnürchen» selbst versteckt. «Wir sind zwar online scheinbar mit der ganzen Welt «verbunden», aber im wirklichen Leben fehlt Verbindlichkeit oft.»

Silvia Roos und Stefan Roos Humbel freuen sich auf die Auftritte. Es sei spannend gewesen, das Stück zu erarbeiten: «Im ersten Teil des Probeprozesses sammelten wir Materialerfahrungen, probierten aus, was man mit Wolle und Schnüren so anstellen kann. Im zweiten Teil verdichteten wir die Ideen dann zu Bildern, die in der letzten Phase in einen stimmigen Ablauf geführt wurden. Es macht Spass zu sehen, wie sich ein Ariadne-Faden, eine kleine Spinne, Chaos-Stricken, eine Seilbahn, eine knotenversessene Katze, Fadenspiele, Wickeln, Knäueln, Knüpfen zu einem Stück zusammenfügen.»

NEUES STÜCK

Mit der Katze kommt das Chaos und ein lustiges Durcheinander ins Fadenspiel: Die neue Produktion «Am Schnürchen» von Roos und Humbel ist ein heiteres Figuren- und Materialtheater mit Musik und wenig Worten für Kinder ab 2 Jahren.

WETTINGEN Figurentheater, Sa, 25. Oktober, 16 Uhr (Premiere); So, 26. Oktober, 11 Uhr

Weitere Spieldaten: roosundhumbel.ch

Im neuen Stück sorgt eine Katze für Wirbel.

«Die Bienenkönigin» 2011, Koproduktion mit Theater Stadelhofen Zürich (Regie Christiane Zanger).