Wie in einem alten Film zurrt sich das Sommerloch langsam zusammen. Ein leuchtendes Meer, leuchtende Berge, leuchtende Menschen an Tischen – die letzten fernen Bilder flirren durch jenen allmählich kleiner werdenden Kreis, der ins Dunkel übergeht und das Ende des Films bedeutet. Nun fängt die Erinnerung an. Die Türen öffnen sich, das Licht geht an, Pushnachrichten ploppen auf, die Outlook-Agenden sind bereits wieder voll, die Vorgesetzen schieben Panik. Der Markt, die Zölle, die Overheadkosten, die vorgestellten Bedürfnisse unbekannter Menschen übernehmen wieder die Regie. Die Person, die man für kurze Zeit beinahe geworden ist, entspannt, unternehmenslustig, grosszügig, ist dort zurückgeblieben, im Land der vergangenen Zeit, wohin keine Transatlantikflüge je wieder hinführen können. Aber keine Sorge, die Person arbeitet weiter, im Stillen und unsichtbar, parallel zu unserem Alltag. Sie ist eine Freelancerin, Remote-Workerin unserer Ich-AG. Sie ist loyal (wechselt selten bis nie den Arbeitgeber) und ist eigentlich immer auf Abruf erreichbar und den Lohn bezieht sie grösstenteils in einer imaginären Währung und die Spesen sind bloss ein bisschen Zeit. Das Problem: Von ihr kommt selten etwas. Man muss sie aktivieren. In Meetings einladen, man muss sich nach ihr ausstrecken, also out-reachen. Manche Kanäle stehen ihr offen, ja sogar gewisse physische Orte sind für sie erreichbar. Sie ahnen es: Es gibt ein paar gute Adressen für solche Treffen. Sie finden sie im AAKU, hier auf diesen Seiten. Die Person, eben erst noch war sie mit Ihnen in den Ferien, wartet dieses Jahr etwa am Fantoche auf Sie. Das Thema, mit dem Sie sich für die weitere Geschäftsstrategie der Ich-AG inspirieren können, ist sinnigerweise «9 to 5» (S. 6). Die amerikanische Sängerin Dolly Parton, die mit dem gleichnamigen Song diesem Motto Patin gestanden hat, wird ziemlich explizit: «It's a rich man's game, no matter what they call it / And you spend your life puttin' money in his wallet.» Sie spüren die Hand Ihres imaginären Co-Workers auf Ihrem Knie, während die animierten kulturkritischen Filme sie auf die Suche mitnehmen, nach den Ursachen ungleicher, kolonialer, patriarchaler Arbeitssysteme. Die für diesen Block verantwortliche Kuratorin Olga Bobrowska schreibt dazu: «Praktisch kein*e Künstler*in stellt Arbeit als Quelle von Selbsterfüllung oder Stolz dar. Wäre das zu langweilig, propagandistisch – oder gibt es wirklich keine Alternative?» Das Schlüsselwort, das hier zwischen den Zeilen mitschwingt, ist just jene Entfremdung, die aus Ihnen zwei Personen gemacht hat, eine mit Körper und funktionaler Kraft, die andere bestehend aus Geist, Träumen und Musse. Und jetzt erwischen Sie sich im Kinosessel, wie sich ihre Mitarbeiterin und Sie sich gegenseitig ihren imaginären Karl-Marx-Bart kraulen. Das kitzelt, erregt und empört. Sie verabreden sich auf ein baldiges Wiedersehen. Und die Person fragt sich vielleicht, wieviel Vorstellungsrunden es noch braucht, bis sie endlich die Stelle in der Firma erhält, die ihren Fähigkeiten am besten entspricht. Nun, wäre ich als Verwaltungsratspräsident auf mich allein gestellt, würde ich dieser flüchtigen Person den Chefposten geben. Aber unsere vielen Kleinaktionäre legen das Veto ein. Sie befürchten, wir können uns eine solche Figur nicht leisten, beim gegenwärtigen und künftig zu erwartenden Geschäftsgang. Vorerst bleibt sie externe Beraterin und Begleiterin in den letzten Sommernächten.