Das offene Objekt

Die verkrempelte Welt im Schleudergang

Von
Rudolf Velhagen

Eine alte Waschmaschine als Objekt des Monats? Der deutsche Unternehmer und Autor Gabriel Yoran würde sie zu einem Symbol für die wachsende «Verkrempelung der Welt» erklären – jener Tendenz, dass technische Entwicklungen längst nicht mehr Fortschritt bedeuten, sondern eine versteckte Verschlechterung. In seinem Bestseller «Die Verkrempelung der Welt. Zum Stand der Dinge (des Alltags)» analysiert Yoran an Alltagsdingen – von Herden über Wasserkocher bis zur Waschmaschine – wie Industrie und Design den Marktzwängen folgen, anstatt einen echten Mehrwert zu bieten. Der einst robuste Drehknebel am Herd wird durch blinkende und piepsende Touch-Bedienfelder ersetzt, die weniger nutzerfreundlich, aber günstiger in der Herstellung sind. Yoran zeigt, wie Hersteller dauerhafte Qualität vermeiden, weil langlebige Produkte ökonomisch weniger sinnvoll sind: Nur Ersatzkäufe sichern Umsatz. Dabei diskreditiert Yoran weder die Konsumentinnen und Konsumenten noch den Fortschritt an sich, sondern ein System, das Fortschritt simuliert – ein «Theater des Fortschritts», in dem Marktzwänge echte Innovation ersetzen.

Rudolf Velhagen, Chefkurator bei Museum Aargau, erkundet an dieser Stelle die verborgenen Botschaften der Dinge. Nicht weniger als 55 000 historische Objekte aus der kantonalen Sammlung warten auf ihre Befragung.