Das Objekt

Das alte Bügeleisen: Symbol unsichtbarer Arbeit und gesellschaftlicher Zwänge

Das um 1930 von Maxim AG in Aarau hergestellte Bügeleisen aus der Sammlung Museum Aargau ist mehr als ein technisches Relikt– auch wenn es schon elektrifiziert ist, erzählt es von gesellschaftlichen Zwängen, starren Rollenbildern und einer Zeit, in welcher Hausarbeit meist unsichtbar, aber unverzichtbar war. Bügeln war eine mühselige, zeitaufwendige Pflicht, fast ausschliesslich Frauen auferlegt, während Männer in der Erwerbsarbeit Anerkennung fanden. Glatte Kleidung galt dabei als Zeichen von Disziplin und Anstand, doch niemand fragte, wessen Zeit und Energie dieses Ideal kostete. Im Zuge der 60er-Jahre verschwanden mit dem Aufkommen knitterfreier Stoffe nicht nur die Mühsal, sondern auch ein Teil der alten Ordnung. Doch was bleibt? Noch heute werden viele Care-Arbeiten kaum wertgeschätzt, Perfektion wird aber weiterhin erwartet, sei es im Haushalt, im Beruf oder im eigenen Erscheinungsbild. Das Bügeleisen steht damit für eine tief verwurzelte Ideologie: Ordnung über Freiheit, äussere Makellosigkeit über individuelle Bedürfnisse. Während wir heute in der Regel bequeme Stoffe und Schnelllebigkeit bevorzugen, bleibt die Frage: Welche unsichtbaren Fesseln bestimmen unser Leben weiterhin – und wer bezahlt den Preis dafür? Haben Sie Ihr Bügeleisen schon entsorgt?

Rudolf Velhagen, Chefkurator bei Museum Aargau, erkundet an dieser Stelle die verborgenen Botschaften der Dinge. Nicht weniger als 55 000 historische Objekte aus der kantonalen Sammlung warten auf ihre Befragung.

Elektrisches Bügeleisen, Maxim AG, Aarau, um 1930, Inv.-Nr. K-17716, Sammlung Museum Aargau