Bühne

Älterwerden im Futur II

Interview:
Tania Lienhard

«Altern ist eine Leistung»: Reeto von Gunten würdigt sie in seinem humoristischen Programm.

Reeto von Gunten ist nicht nur die Stimme am Sonntagmorgen aus dem Radio, sondern seit zwei Jahrzehnten auch ein versierter Kabarettist. Mit seinem neuen Stück gastiert er im Badener Royal. Ein Gespräch über die wirklich harten Themen.

Reeto von Gunten, worum geht es bei deiner neuen Show «2052 – weiter vorgesorgt» genau?

Mein Programm ist – wie ich gerne sage – «Next Level Geronto Science Fiction». Ich erzähle Geschichten, die im Jahr 2052 spielen, aber ich erzähle sie in der Retrospektive. Also eigentlich lese ich fiktive zukünftige Tagebucheinträge vor, die ich quasi im Altersheim lebend verfasst haben werde. Die Zuschauer*innen merken dann womöglich, dass vieles zuerst weit weg scheint, aber eigentlich bereits in ihrem Leben ist. Das neue Programm knüpft an mein vorheriges an, das «2050» hiess.

Bist du auf die Idee gekommen, übers Altern ein Programm zu schreiben, weil du dir Gedanken über dein eigenes Älterwerden gemacht hast?

Die Idee zu den beiden Programmen kam mir unter anderem deswegen, weil wir unweit eines Altersheims wohnen, das einen intensiven Austausch mit dem Quartier pflegt. Zum Beispiel gibt es eine Ludothek auf dem Gelände des Altersheims – dort begegnen sich die Generationen regelmässig. Da ich mir meine Ideen immer von aussen hole, oder sie mitunter auch von aussen kommen und mich finden, liess ich mich sehr von dieser Nachbarschaft inspirieren. Und ja, natürlich habe ich mich auch privat bereits mit dem Thema des Älterwerdens auseinandergesetzt.

Und was ist dabei herausgekommen? Bereitet dir das Älterwerden Mühe?

Überhaupt nicht! Beziehungsweise nicht mehr. Vor 12 Jahren, als ich 50 wurde, war ich überhaupt nicht begeistert. Da merkte ich, dass ich mir die viel zitierten Sätze «Mitte des Lebens» und «ich habe die Hälfte noch vor mir» langsam abschminken kann. Aber beim sechzigsten hatte ich kein Problem mehr.

Woher der Sinneswandel?

Ich habe begriffen, dass viel von der eigenen Einstellung abhängt. Meiner Meinung nach muss man beim Altern mit zwei Dingen gut umgehen können, um glücklich zu sein: Zum einen ist es wichtig, den eigenen körperlichen Zerfall zu akzeptieren. Zum anderen muss man loslassen können – eigene Vorstellungen und Ideen, aber auch andere Menschen, die sterben. Das ist nicht einfach. Wenn ich so darüber nachdenke, ist altern eine Leistung, für die man sich selbst belohnen sollte. Ich versuche, das Thema auf die leichte, humorvolle Schulter zu nehmen.

Auch bei ernsten Themen schwingt also oft eine Prise Humor bei dir mit.

Ja, denn das bin einfach ich. Zwischen mir als Mensch und mir als Künstler ist kein grosser Unterschied. Bei uns ist übrigens die ganze Familie so: Wir geben uns gegenseitig «Saures» – natürlich immer sehr liebevoll und sehr spontan.

Können die Zuschauer*innen im Royal Baden von dir ebenfalls Spontaneität erwarten?

Auf jeden Fall! Ich werde zwar die fiktiven Tagebucheinträge vorlesen, aber auch frisch von der Leber weg Dinge erzählen, die mir gerade in den Sinn kommen. Jeder Auftritt ist anders – und gerade in Baden werden mir ganz bestimmt viele Geschichten spontan einfallen.

Warum gerade in Baden?

Weil ich mich dort sehr wohl fühle. Ich trete gern an Orten auf, an denen auch Konzerte gespielt werden. Die Akustik ist dort hervorragend. Zudem spüre ich schon beim Eintreten jeweils, dass im Royal Menschen am Werk sind, die leidenschaftlich
gern dort arbeiten und sich voll und ganz einbringen. Es gibt nicht mehr viele solche Bühnen in der Schweiz.

Was hat dich eigentlich dazu veranlasst, vor über 20 Jahren die Anonymität des Radiostudios ab und an zu verlassen und ins Rampenlicht zu treten?

Das war eine Freundin. Sie hat die Lesungen «Märli am See» organisiert und mich quasi genötigt, vorzulesen (lacht). Beat Schlatter war auch da – er las allerdings aus seinem eigenen Buch. Und ich sagte: Das kann ich auch! Also begann ich, selbst Geschichten für die Bühne zu schreiben.

Und etwa ein Dutzend Bühnenprogramme später bist du immer noch voll dabei. Gibt es etwas, das du diesbezüglich gerne noch erreichen möchtest?

Ja, ich möchte backstage sterben. Nach einem gelungenen Auftritt. Aber niemand sieht mir dabei zu. Einfach, weil ich dann wirklich bis zum Schluss das gemacht habe, was ich gerne mache. Aber – wenn ich es mir richtig überlege, dann bitte nicht in Baden. Es wäre furchtbar, wenn die mich da die enge Treppe runtertragen müssten …

ZUR PERSON

Reeto von Gunten ist Schweizer Spoken-Word-Künstler, Radiomoderator, Ghostwriter, Musiker und Autor. Er hat ein gutes Dutzend Solo-Spoken-Word-Programme entwickelt und diese schweizweit – und vereinzelt im Ausland – auf Kleinkunstbühnen gespielt. Seine Shows sind eine Mischung aus erzählten Geschichten, gezeigten und kommentierten Bildern, Kurzfilmen und Musikmomenten. Reeto von Gunten ist verheiratet, Vater zweier erwachsener Kinder und lebt in Zürich.

Reeto von Gunten

Donnerstag, 27. November 2025

19:30 Uhr
Kulturbetrieb Royal
Baden