Die russische Gutsbesitzerin Ljuba kehrt hochverschuldet aus Paris auf ihr Anwesen mit dem geliebten Kirschgarten zurück. Die Bäume blühen – als Einziges noch auf dem Gelände, Ertrag werfen sie keinen mehr ab. Die Gutsbewohner* innen haben sich darauf verlegt, anstelle der Kirschen für Verzehr und Verkauf die alten Zeiten zu konservieren. Ljubas Bruder, der auf dem Gut geblieben war, hat keinen Finger für dessen Erhalt gerührt, bei den Dienstboten sind Landstreicher untergekommen, und der Buchhalter spielt lieber Gitarre, als sich um die roten Zahlen zu kümmern.
Wie den Kirschgarten erhalten?
Familie und Anhang schwelgen in Erinnerungen, tändeln und diskutieren, derweil erscheint die neue Zeit vage am Horizont in Gestalt von Pleite, naher Stadt und Eisenbahn. Was tun? Für Ljuba oder ihre Töchter einen reichen Mann finden? Auf ein Darlehen einer alten Tante hoffen? Der Einzige, der eine Lösung anbietet, ist Lopachin, der Kaufmann, dessen Eltern sich noch in Leibeigenschaft auf dem Gut abgerackert hatten. Dass er vorschlägt, den Garten abzuholzen, das Land zu parzellieren und mit Sommerhäusern für die Städter zu überbauen, findet Ljuba geistlos. Der aufs Gut zurückgekehrte ehemalige Lehrer und ewige Student kritisiert Kapitalisten und Intellektuelle – eine Vision, den Kirschgarten zu erhalten, ohne bankrottzugehen, hat niemand. Es kommt wie es muss. Das Gut wird verkauft. Schon lange wollte Gunhild Hamel ein Stück von Tschechow inszenieren – und neben dem Theater am Bahnhof lockte die verwilderte Ebene als Bühne. Der tiefgründige «Kirschgarten » passt bestens in die Ungewissheit unserer eigenen Zeit und zum Ort, der die heutige Ratlosigkeit spiegelt: Die Fabrik, die neben dem Tab stand, hat ihr Geschäft zwecks besserer Rendite nicht gerade nach Paris, aber dennoch nach Frankreich verlegt. Die Personen und die Handlung des Stücks sind von Tschechow mehr oder weniger frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten der Inszenierung mit aktuellen Begebenheiten sind natürlich beabsichtigt. Man darf sich auf die Früchte der lebhaften Auseinandersetzung mit dem eigentlich zeitlosen Text freuen.
REINACH Theater am Bahnhof 28. August, 20 Uhr (Premiere).
Mittwoch 2. September 2020, 20 Uhr
Freitag 4. September 2020, 20 Uhr
Samstag 5. September 2020, 20 Uhr
Mittwoch 9. September 2020, 20 Uhr
Freitag 11. September 2020, 20 Uhr
Samstag 12. September 2020, 20 Uhr
Mittwoch 16. September 2020, 20 Uhr
Freitag 18. September 2020, 20 Uhr
Samstag 19. September 2020, 20 Uhr
Mittwoch 23. September 2020, 20 Uhr
Freitag 25. September 2020, 20 Uhr
Samstag 26. September 2020, 20 Uhr
Verschiebedaten bei Ausfall:
1., 8., 15. und 22. September
www.tab.ch